Corona-Krise: Ungenügende Massnahmen des Bundesrates

Die Corona-Krise trifft viele Menschen hart. Allen voran natürlich die direkt Betroffenen und ihre Angehörigen. Und auch das Gesundheitspersonal ist stark gefordert und leistet Grossartiges. Doch viele Gewerbetreibende und Selbständigerwerbende sind in einer schwierigen Lage. Darum braucht es hier gezielte Massnahmen – wie namentlich einen Erlass von Mietzinsen.

Viele Personen sehen sich infolge der Corona-Krise mit einem faktischen Berufsverbot konfrontiert. So dürfen beispielsweise eine Barbetreiberin oder ein Coiffeur faktisch nicht mehr arbeiten – für sie entfällt von einem Tag auf den anderen der gesamte Umsatz und somit das gesamte Einkommen. Und auch viele Gewerbetreibende und Selbständigerwerbende, die eigentlich weiterhin arbeiten dürften, haben faktisch keine Beschäftigung mehr. Zu denken ist etwa an die Physiotherapeutin oder an den Hochzeitsfotografen: Beide dürften theoretisch arbeiten, doch verschieben die meisten Patientinnen und Patienten die Physiotherapie auf die Nach-Corona-Zeit. Und erst recht heiratet niemand während dem Lockdown.

 

Der Bund hat – neben der Kurzarbeitsentschädigung, welche aber nur Betrieben mit Angestellten etwas bringt – im Wesentlichen zwei Massnahmen beschlossen, um diese Menschen zu unterstützen: Zum einen können Direktbetroffene bei der Ausgleichskasse EO-Taggelder beziehen, und zum anderen stellt der Bund Kreditbürgschaften im Umfang von 40 Milliarden Franken zur Verfügung. Beides ist durchaus hilfreich. Zwar bezahlt die EO nur 80 Prozent des bisherigen Einkommens, aber für eine begrenzte Zeit ist eine Einkommenseinbusse von 20 Prozent durchaus verkraftbar. Und die Kreditgarantien bzw. die dadurch ermöglichten Bankkredite sind für jene KMU hilfreich, welche eigentlich sehr profitabel sind, aber über keine grossen Reserven verfügen – zum Beispiel, weil sie ihre bisherigen Gewinne ins Unternehmenswachstum investiert haben.

 

So richtig diese beiden Massnahmen also sind, so wenig sind sie ausreichend. Das gilt vor allem in Bezug auf jene Selbständigerwerbenden und Gewerbetreibenden, welche nicht direkt, sondern bloss indirekt von den bundesrätlichen Corona-Massnahmen betroffen sind. Diese Personen erhalten nämlich keine EO-Entschädigung. Und einen Kredit können sie zwar dank der Kreditgarantie des Bundes relativ problemlos aufnehmen, doch wird dadurch das Problem nicht gelöst, sondern bloss zeitlich verschoben: Gerade Gewerbetreibende mit kleinen Margen, welche zu wenig verdient haben, um Reserven für Krisen wie die jetzige anzulegen, können die Lasten einer Fremdverschuldung schwer tragen. Wenn schon in wirtschaftlich guten Zeiten das Einkommen zu tief war, um Reserven zu bilden, wird es in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten – und solche stehen unweigerlich bevor – umso herausfordender sein, Schulden zurückzuzahlen. Zigtausende von Gewerbetreibenden werden durch die bundesrätliche Politik in eine Schuldenspirale getrieben, welche selten erfreulich zu Ende geht.

Wenn schon Bundesbern nicht das Nötige tut, so braucht es zumindest auf städtischer Ebene ergänzende Massnahmen. Richtig und wichtig sind vor allem die Nothilfemassnahmen des Sozialdepartements, welche im Grossen und Ganzen dank unserem Stadtrat Raphael Golta auf gutem Wege sind. Aber wichtig ist auch ein Mietzinserlass oder zumindest eine -reduktion für betroffene Gewerbetreibende. Auch hier müsste der Bund eigentlich die notwendigen Entscheide fällen. Denn wenn Geschäftsmieten auch während des Lockdowns bezahlt werden müssen, verkommen die oben genannten Kreditgarantien faktisch zu einem gigantischen Subventionspaket für die Immobilienindustrie. Während viele Gewerbetreibenden in den Schulden versinken, erhalten die Vermieterinnen und Vermieter ihre Einnahmen weiterhin garantiert. Das ist nicht exakt das, was man unter einer gerechten Verteilung der Last der Krise versteht. Denn ein Mietzinserlass der Immobilienindustrie für die betroffenen Geschäftsmieten ist absolut verkraftbar, da sie in der von uns geforderten Dimension weniger als 5% der grossen Portfolios betreffen. Und für jene ganz wenigen Fälle, in welchen auf Seiten der Vermieterinnen echte Probleme entstehen, könnte man noch immer eine bundesfinanzierte Härtefallregelung einführen.

 

Wenn der Bund stehen bleibt, so muss doch wenigstens die Stadt Zürich eine Vorreiterrolle übernehmen und den betroffenen Gewerbemieterinnen und -mietern die Mietzinse während des Lockdowns erlassen oder mindestens reduzieren. Beschlossen wurde das bislang wenigstens für die direktbetroffenen Gewerbetreibenden. Es ist wichtig, dass die Liegenschaftenverwaltung hier noch nachbessert: Auch indirekt Betroffene wie eben der Physiotherapeutin oder dem Hochzeitsfotografen muss die Miete erlassen werden. Denn gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, dass das soziale Netz tragfähig ist – und dass niemand durch die Maschen fällt. Deshalb muss die Stadt jetzt mit gutem Vorbild vorangehen – und dann muss der Bund mit einer gesamtschweizerischen Regelung nachziehen.