Kantonsratskandidat Rocco Custer im Gespräch

Rocco, Du bist seit zwei Jahren SP-Mitglied, seit diesem Jahr Co-Präsident der SP10. Was hat Dich bewogen, politisch aktiv zu werden?

 

Ich bin vor zwei Jahren der SP beigetreten, weil ich mich gegen den vorherrschenden Neoliberalismus und die Erstarkung des Rechtspopulismus engagieren wollte. Beide politischen Strömungen führen zu keiner nachhaltigen Politik, die Freiheit und Würde für alle schafft. Die eine Politik, weil sie die Macht der Reichen zementiert, die andere, weil sie gegen alles Fremde ist. Im Gegensatz dazu steht das sozialdemokratische Modell für eine Entmachtung des Gelds zu Gunsten des Menschen. Das sind für mich die Grundlagen einer ausgeglichenen und nachhaltigen Gesellschaft, für die ich mich einsetzen will.

Ich möchte mich gerne im Kantonsrat für eine nachhaltigere Verkehrspolitik und eine konsequente Klimapolitik einsetzen

Du hast längere Zeit in Dänemark geforscht und gelebt und hast dort ein zur Schweiz alternatives Gesellschaftsmodell kennengelernt. Was hast Du aus Dänemark in die Schweiz mitgenommen?

 

Tatsächlich hat Dänemark schon vieles umgesetzt, was die SP in der Schweiz anstrebt. Neben den vielen Velowegen, betrifft dies vor allem das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und der Wirtschaft. Dänemark ist in dieser Hinsicht sozialer, familienfreundlicher, grüner als die Schweiz und für mich in dieser Hinsicht ein Vorbild. Meines Erachtens lebt es sich in Dänemark entspannter und besser als in der Schweiz, weil der Sozialstaat stärker ist.

Welche politischen Themen wären Dir als Kantonsrat wichtig?

 

Als Bauingenieur, der sich im Bereich von Naturgefahren und Infrastrukturrisiken spezialisiert hat, habe ich zu Infrastruktur- und Umweltfragen gewisse Affinitäten. Zum Beispiel möchte ich mich gerne für eine nachhaltigere kantonale Verkehrspolitik und eine konsequente Klimapolitik einsetzen. Grundsätzlich bin ich aber breit interessiert und würde auch bei Wirtschaft- und Bildungsthemen sehr gerne mitarbeiten.

Du kandidierst für den Kantonsrat. Was interessiert Dich an der Arbeit in einem Gremium, in dem man als Linker praktisch nichts zu sagen hat?

 

Die SP ist im Kantonsrat klar in der Minderheit. Trotzdem laufen nicht alle Geschäfte gegen die Anliegen der SP. Den Rückmeldungen unserer KantonsrätInnen entnehme ich, dass etwa ein Viertel der Geschäfte im Sinne der SP umgesetzt werden; in einem weiteren Viertel kann sich die SP in Form eines Kompromisses einbringen. Ich bin von der Herausforderung fasziniert, in einer schwierigen Ausgangslage das Maximum rauszuholen.

Die SP ist bei Wahlen nur dann stark, wenn sie die WechselwählerInnen in der Mitte anspricht. Sollte die SP nicht mehr für die Mitte politisieren?

 

Da bin ich nicht einverstanden. Der Erfolg der Schweizer Sozialdemokratie besteht darin, dass sie links geblieben ist und ein erkennbares Profil behalten hat, das konsequent Menschen und Umwelt vor das Geld stellt. Dies, im Kontrast zu verschiedenen Schwesterparteien in Europa, die in den 90er Jahren zur Mitte drängten; der «Third way» von Blair oder auch Schröder war ja letztlich nicht erfolgreich.

Die Fragen stellte Christoph Gut