Diese Kröte schlucken wir nicht
Volles Haus am Abend des 9. April im Kafi Tintenfisch. Der regierungsrätliche Vorschlag für den Rosengarten interessiert nicht nur die Mitglieder der SP 10, auch viele Genoss*innen der SP 11 haben den Weg an die Limmat unter die Füsse genommen.
Dass die Situation an der Rosengartentsrasse unhaltbar ist, bestreitet niemand. Die Hardbrücke, einst als Provisorium gebaut, ist längst zum Providurium geworden. Die Rosengartenstrasse zerschneidet Wipkingen seit Jahrzehnten, die Anwohner*innen sind Verkehrslärm ausgesetzt, der die Alarmwerte regelmässig übersteigt.
Unter dem Motto „Mobilität sicherstellen – Lebensqualität steigern“ werben nun Stadt und Kanton für ein Projekt mit Tunnel und Tram, das der Regierungrat dem Kantonsrat zur Beratung vorgelegt hat. Es sieht einen vierspurigen Strassentunnel zwischen Bucheggplatz und Hardbrücke vor, zudem einen zweispurigen Tunnel zwischen Bucheggplatz und Irchelpark. Die Rosengartenstrasse soll zu einer zweispurigen, temporeduzierten Quartierstrasse werden, auf der eine neue Tramlinie zwischen Milchbuck und Albisriederplatz verkehrt.
Das Projekt sei riesig, teuer und könnte stellenweise städtebaulich hässlich werden, meinen die anwesenden SP-Kantonsräte Andrew Katumba, Mitglied der Kommission für Planung und Bau, und Felix Hoesch, Mitglied der Kommission für Energie, Verkehr und Umwelt. Dennoch sei die Haltung der SP-Fraktion derzeit „vorsichtig positiv“. Wenn das Projekt halte, was es verspreche, könnte es dem Quartier tatsächlich die seit Jahren erhoffte Lebensqualität bescheren. Allerdings brauche es zentrale Verbesserungen, damit die Fraktion zustimmen könne.
In der Diskussion äussern sich die Mitglieder der SP 10 sehr skeptisch. Die Nachteile des vorliegenden Projekts sind für sie zu zahlreich und schwerwiegend. Genannt werden unter anderem die städtebaulichen Verschlechterungen am Albisriederplatz, Bucheggplatz und Wipkingerplatz, wo ein zweistöckiges Tunnelportal den ganzen in den Boden verbannten Verkehr wieder ans Tageslicht spülen würde, die Häuserabbrüche entlang der gesamten Achse, die Verdrängung von günstigem Wohnraum, der Ausweichverkehr in die Quartiere während der langen Bauzeit und auch später bei Überlastung des Tunnels, die Folgekosten für die Stadt, die Kapazitätserhaltung für den MIV (vorgesehen sind maximal 56’000 Fahrzeuge täglich, also noch mehr als heute). Auch die Haltung der Kantonsregierung, dass Tunnel und Tram nur im Doppelpack zu haben sind und bisher keinerlei Bereitschaft vorhanden scheint, über Alternativen zu diskutieren, kommt schlecht an. Der Tenor ist klar: Wo Stadtreparatur drauf steht, ist ein Strassenprojekt drin, das den Vorrang des MIV auf Jahrzehnte zementiert.
Bei aller Kritik am Projekt geht es am Ende um die folgende Frage: Müssen wir diese Kröte schlucken, wenn wir nicht weitere 40 Jahre auf Verbesserungen für Wipkingen warten wollen? Die Mitglieder der SP 10 meinen nein. Einstimmig bei zwei Enthaltungen sprechen sie sich gegen das vorliegende Projekt aus. Und sie machen klar, was sie erwarten: eine vertiefte Diskussion über Alternativen ohne Tunnel und Sofortmassnahmen zur Entlastung der Bevölkerung.